Erstes päpstliches Lehrschreiben im neuen Pontifikat
„Ich habe dir meine Liebe zugewandt“ – Die Botschaft von Papst Leo XIV.
Mit diesen Worten aus der Offenbarung beginnt Papst Leo XIV. sein Lehrschreiben Dilexi te. Es richtet sich an eine arme, verunsicherte Gemeinde – und zugleich an uns alle. Gott sagt nicht: Ich fordere dich auf, mich zu lieben, sondern: Ich habe dir meine Liebe zugewandt – zuerst, vor allem, gerade dort, wo du schwach bist.
Daraus entwickelt Leo eine Theologie von unten: Gotteserkenntnis beginnt dort, wo das Herz annimmt, dass es zuerst geliebt ist.
Diese Liebe bleibt jedoch nicht privat. Wer sich von Gott geliebt weiß, wird hineingerufen in Verantwortung für die Welt. Frömmigkeit, die sich nicht mit den Armen solidarisiert, verfehlt das Evangelium. Oder, mit Dietrich Bonhoeffer gesagt: Wer fromm ist, muss auch politisch sein.
Eine Kirche mitten in der Welt
Leo fordert eine Kirche, die sich nicht gegen die soziale Wirklichkeit abschirmt, sondern prophetisch für Gerechtigkeit eintritt. Die biblische Mahnung „Vergiss die Armen nicht“ zieht sich durch die ganze Schrift.
Spiritualität ohne Solidarität ist für ihn unvollständig – wer die Armen ausschließt, schließt Gott aus.
Die Armen als Ort der Gotteserkenntnis
Leo schreibt: „Die Wirklichkeit ist von den Rändern besser zu sehen.“
Arme sind für ihn kein Problem, sondern Subjekte der Erkenntnis – Träger einer eigenen Intelligenz, unverzichtbar für Kirche und Menschheit.
Er weitet den Begriff Armut: Sie ist nicht nur materiell, sondern zeigt sich auch als Einsamkeit, Sprachlosigkeit, Orientierungslosigkeit – mitten in Familien, Büros und Klöstern.
Armut verbindet uns, weil sie der Ort ist, an dem Gott gegenwärtig wird.
Wer sich von den Armen umarmen lässt, wird – so Leo – von Gott selbst umarmt.
Eucharistie und Leben
Leo fragt: Wie kommen die goldene Schale der Eucharistie und die Suppenschüssel der Armen zusammen?
Seine Antwort: Beide bergen denselben Christus.
Eine wahrhaft eucharistische Kirche verdrängt die Armut nicht, sondern wird durch die Feier sensibel für die Not der Welt.
„Die Kirche ist nur dann ganz Braut des Herrn, wenn sie auch Schwester der Armen ist.“
Liebe ohne Grenzen
Die Liebe, von der Leo spricht, kennt keine Feinde. Sie überschreitet Grenzen, schließt niemanden aus und vollbringt – so der Papst – „Wunder des Unmöglichen“.
Darum bleibt am Ende die einfache, unbequeme Wahrheit:
Wer die Armen ausschließt, schließt Gott aus.
Wer liebt, verändert die Welt.
Quelle: Christ in der Gegenwart, Verlag Herder
zusammengefasst von Dr. Florian Kautzky
Bild: © Vatikan